Den nachfolgenden Text habe ich bereits 2018 für die Seite der VeganOCR-Runners geschrieben. Ich möchte ihn hier gerne nochmals wiedergeben. Der Hindernislauf hat am 28.09.2018 in Wiehl bei Köln stattgefunden.
Mein Hindernislauf begann eigentlich schon im Hotelzimmer, als ich merkte, dass ich zwar den Laufrucksack und Trinkbeutel dabei hatte, nicht aber den Verschluss dafür. So musste es also ohne eigenes Wasser gehen. Dafür war der Rucksack bis Anschlag gefüllt mit veganen Gels und Salztabletten.
Das Hotelzimmer, das zehn Autominuten vom Rennen lag, verließ ich 1.1/5 Stunden vor Start. Im Auto zeigte das Thermometer kühle 0.5 Grad Celsius und ich war froh, heute nicht die beiden spektakulären Hindernisse Fjord Drop und Flying Ragnar absolvieren zu müssen. Denn auf Frieren war ich nicht eingestellt. Gefroren habe ich im Vorfeld dann aber doch. Und zwar bei der Wanderung vom Parkplatz zum Veranstaltungsgelände. Mir war noch die Erfahrung vom Iron Viking in Wächtersbach im Juni präsent, wo der erste Marathon auf der Strecke Parkplatz/Start stattfand. Diesmal wollte ich klüger sein und widersetzte mich der Anweisung der Straßenwächter. Ich parkte direkt in Wiehl und fuhr nicht wie befohlen zwei Kilometer weiter zum vorgesehenen Eventparkplatz. Ein großer Fehler, denn hätte ich die Anweisung befolgt, wäre ich 2 km um den Ort gefahren und hätte direkt beim Veranstaltungsort mein Auto abgestellt.
Mein Zeitpolster schmolz also dahin und ich deponierte schnell ein paar Salzkartoffeln bei der Selbstverpflegungsstation, zog die orange Ultra-Viking-Weste über und gab meine Tasche bei der Aufbewahrung ab. Kurz vor 9 Uhr stand ich in der ersten Startgruppe vor der Walhalla Wall. Mittlerweile erkennt man doch einige OCR-ler-Gesichter wieder – und alle sind sie angespannt. Was auffällt: Der Ultra ist eine Männerveranstaltung. Gerade mal zwei Frauen zähle ich. 600 Sportler aus 15 Ländern stehen am Start. Der Moderator spricht deshalb Englisch und erklärt nochmals die Regeln:
Der Beast-Parkour (20 km) ist zweimal zu laufen, Warrior (13 km) und Lightning (7 km) jeweils einmal.
Insgesamt 10 Stunden haben die Läufer dafür Zeit. Nach jeder gelaufenen Runde gibt es ein Silikonbändchen. Nur derjenige der alle drei Torques und die Ultra-Viking-Weste rechtzeitig ins Ziel trägt, bekommt das Finisher-Shirt und die Medaille.
Cut-Off 1: ± 40 km: 15.40 Uhr, Cut-Off 2: ± 47 km: 16.50 Uhr, Cut-Off 3: ± 53 km: 17.50 Uhr, Finish: 19.00 Uhr. Wer einen Cut-Off nicht erreicht muss seine Weste abgeben. Jedes nicht geschaffte Hindernis wird mit 10 Burpees bestraft.
Regelwerk Ultra Viking
Für mich ist der Cut-Off das ultimative Hindernis. Es schwirrt mir die ganzen 60 Kilometer im Kopf herum.
9.00 Uhr. Endlich geht’s los. Es ist frisch und trüb, das erste Hindernis sind Kletterseile. Das habe ich geübt und so geht es schnell weiter. Zumindest für einen Moment. Denn der Ultra findet im Rahmen der Strong Viking Hill Edition statt und so geht es es keine drei Minuten nach Start ordentlich den Berg hinauf, auf Waldboden. Im Laufe des Rennens vier mal – ein Fest für die Waden. Es folgen die bekannten Strong Viking Hindernisse wie Carry the Shield, Dragon Tails, Throw the Hammer. Der Water Cage ist – ausgenommen der Mud Crawl Hindernisse, die während einer der vier Runden mit Wassersprenger bearbeitet wurden – das einzige Wasserhindernis im Parkour. Das Wetter ist auf meiner Seite, die Sonne scheint, das Laufen macht Spaß und die Hindernisse schaffe ich ganz gut. Nur an dem einen oder anderen Hangelhindernis rutsche ich ab oder es verlässt mich die Kraft und ich muss Burpees machen. Die Verpflegungspunkte finde ich gut verteilt. Als Veganer ist man ohnehin auf Selbstverpflegung eingestellt und so bin ich nur auf das Wasser angewiesen. Am Ende der Beast-Runden wartete speziell für die Ultras ein einfach gestaltetes aber effektives Hindernis um Kraft aus dem Körper zu saugen: einen Sandsack den steilen Berg hinauf und herunter tragen. Zur Belohnung im Anschluss Wasser und Bananen und endlich das erste Mal Storm the Castle. Nach knapp 2 Stunden 50 Minuten gab es für mich das erste Bändchen.
Das Gefühl, ob ich gut im Zeitplan bin, habe ich verloren und so gestatte ich mir keine großen Laufpausen sondern wende ich Notfall meine 60/20 Methode an, d.h. mindestens 60 Schritte Laufen dann maximal 20 Schritte Gehen. Das funktioniert ganz gut und so nehme ich Kilometer für Kilometer, Hindernis für Hindernis, Burpee um Burpee… Ich nerve meine Laufnachbarn mit der Frage: „Sind wir noch gut in der Zeit?“ Meine Torschlusspanik wird nicht besser als links und rechts immer mehr Läufer aus der zweiten Startgruppe auftauchen. Erst als ich mein zweites Bändchen (Warrior) bekomme und damit den ersten Cut-Off-Point gute 30 Minuten schneller erreiche als notwendig, werde ich etwas ruhiger. Jetzt bloß nicht nachlassen…
Wieder geht es das Seil und anschließend den Berg hinauf. Ich freunde mich mit einem Holländer aus der zweiten Startwelle an. Wir pushen uns gegenseitig, schleppen ein drittes Mal die schweren Eisenketten und stürmen nach 13 Kilometern zum dritten Mal die Burg und erhalten schließlich Band 3 (Lightning). In der Dritten Runde mussten wir den Sandsack nicht mehr den Berg hinauf schleppen – zum Glück. Pech aber, dass mit Wegfall des Hindernisses nun auch der Verpflegungspunkt (VP) fehlte und es zwischen dem letzten Warrior-VP und dem ersten Lightning-VP nur den eigenen VP, mit den in meinem Fall Salzkartoffeln, gab. Zum Glück half mir mein neuer Freund mit Wasser aus. In der letzten Runde hatte ich mit meinem linken Ballen zu kämpfen. Der schmerzte bei jedem Tritt. Der Gedanke bald die coole Finisher-Medaille in Empfang nehmen zu dürfen pushte mich voran. Auch das Publikum das ab Kilometer 59 an der Strecke stand trug einen über den restlichen Parkour. Dem vierten Storm the Castle folgte diesmal noch eine Runde Balkentragen, dann endlich die finalen Walhalla Steps.
Nach 9 Stunden und fast 28 Minuten bin ich im Ziel. Einer von 258 Läufern, der die Strecke gefinshed hat. Die Ausfallquote betrug 57%. Der schnellste Läufer war nach 7 Stunden und 19 Minuten im Ziel.
Jeder Fan der Strong Viking Serie wird vom Ultra Viking begeistert sein! Jedoch, wie bei fast jedem langen Laufevent: An ausreichend Selbstverpflegung denken!